Mittwoch, 19. März 2014

Objektifizierung: Eine kurze Auseinandersetzung

Durch die unendlichen Weiten der Ignoranz, durch die Sphären der Behauptungen, der Meinungen, Meinungen, Meinungen geistern in letzter Zeit immer wieder die hochdurchdachten Ergüsse fleißiger Internetuser, die sich äußerst plump mit einem äußerst komplexen Thema beschäftigen: Objektifizierung. Allerdings auf Bildzeitungsmanier mit Brachialabfertigung. 

Eine junge Frau dürfe sich nicht wundern, wenn dumme Sprüche fallen, da sie sich ja -wie so charmant ausgedrückt- "wie eine Schlampe" kleidete. Dies hätte absolut nichts mit Objektifizierung zu tun und überhaupt: Soetwas gibt es doch eigentlich auch gar nicht mehr. Aha.

Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll.
Von welcher Seite sattelt man das Pferd, welches von Gesellschaft, Erziehung und Kaffee trinkenden Klatschtanten so eifrig gestriegelt und gefüttert wurde? Wird es nicht austreten, wenn ich versuchen sollte, ihm Zaumzeug aufzuerlegen? 
Ich nähere mich dem vorsichtig mit einer kleinen, leicht verständlichen Definition:

Ein Objekt ist ein Gegenstand, das einem zu Diensten ist. 
Ein Stift, ist ein Objekt. Der Stuhl auf dem ich gerade meinen in kurze Hosen gekleideten Hintern throne, ist ein Objekt. Sie haben keinen Verstand, keine Seele, keinen Willen. Sie sind vollends dazu da meinen Wünschen und Ansprüchen zu genügen. Sie sind da um gebraucht zu werden und bei Zeiten werde ich mich äußerst unsensibel äußern und behaupten, dass der Stuhl "abgenutzt" ist, oder der Stift "nicht mehr verwendbar".

Eine Frau ist kein Objekt. Sie ist ein menschliches Wesen mit Wünschen, Träumen, Kreativität, Verstand und Ziel. Sie hat eine Seele, Gefühle und eine ganze Welt, die sich hinter ihrer Stirn versteckt. Duh.

Warum ich es für nötig halte, dies zu verlauten?

Weil eine Objektifizierung NICHT das selbe wie ein Kompliment ist.
Eine Objektifizierung ist es nicht zu starren, zu flirten, zu sagen, dass das Kleid nett aussieht und auch nicht zu erklären, dass besagte Person eine schöne Figur habe. An eine Objektifizierung ist immer eine gewisse Erwartung geknüpft. 


Wenn also Fritz zu Anna sagt, dass sie heute wirklich sehr schön aussähe, dann objektifiziert er Anna nicht gleich. Natürlich ist dies auch von Betonung, Körpersprache und Mimik abhängig, aber pauschalisieren wir hier einfach mal ganz dreist.

Wenn Fritz allerdings zu Anna sagt, dass ihre "Titten sehr geil wären und er sie ja schon vögeln würde", ist dies keine krudere Variante des gleichen Kompliments. Dahinter steckt die Erwartung, dass Anna sich geschmeichelt fühlen muss, wenn sie Fritz auf diese Art und Weise zu Diensten sein darf. 

Das muss sie nicht.

Egal wie sehr sich vermeintliche Wächter der abendländischen Schamhaftigkeit dagegen wehren: Eine Frau darf sich anziehen wie sie will. Vielleicht mag sie die Aufmerksamkeit. Vielleicht mag sie die Blicke. Damit muss man durchaus rechnen. Und vielleicht kann sie auch damit rechnen, dass man sie hin und wieder anflirtet. Womit sie aber nicht rechnen muss, sind Beleidigungen oder gar Übergriffe. Wir erinnern uns: Frauen sind keine Objekte. Egal wie sie ihre Körper verpacken (Die nach wie vor nichts anderes sind, als Hüllen die ihre Seelen beinhalten), sie haben niemals die Verpflichtung die sexuellen Bedürfnisse eines davon angezogenen Betrachters zu erfüllen. Sie haben nach wie vor ein Recht auf körperliche und psychische Unversehrtheit. 

Unser guter Fritz darf Anna also durchaus als attraktiv empfinden und sein Glück versuchen. Aber wenn er lässig hinüberschlendert, sein schönstes Lächeln aufsetzt und mit raunender Stimme fragt, ob es wehgetan hätte als sie vom Himmel fiel und damit eher auf Unbegeisterung stößt, dann sollte er woanders hinschlendern und es gut sein lassen.

Keiner muss jemals mit "irgendwas rechnen". Und keiner muss sich geschmeichelt fühlen, wenn er von einem anderen benutzt werden möchte. Außer dieser Stuhl. Der wirklich sehr gemütlich ist.

Anmerkung:
Natürlich gilt dies nicht nur für Frauen. Aber wenn wir ehrlich sind, werden Männer sehr viel seltener objektifiziert als Frauen. Und sie werden am Ende des Tages dafür weniger verurteilt.

Zudem habe ich das Thema der "Rape culture" hier nur gestreift, weil das nochmal tiefer geht und eher etwas für ein anderes Mal darstellt.


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